1Kor 11,2-16: Von dem unbedeckten und dem bedeckten Haupt
Thomas Jettel (2015) in Anlehnung an bereits veröffentlichte Gedanken von H. Jantzen.
(veröffentlicht in: Unterwegs notiert Nr. 96)
1. Einleitende Bemerkungen
Dem Apostel Paulus scheint die Angelegenheit wichtig zu sein. Dem Heiligen Geist, der ihn leitete, ebenfalls.
Der Apostel argumentiert, gibt Gründe. Er begnügt sich nicht mit einfachen Aussagen oder Anweisungen. Nachdem er die Gründe angegeben hat, stellt er die rhetorische Frage an die Korinther: „Urteilt bei euch selbst: Geziemt es sich, dass eine Frau unbedeckt zu Gott betet?“ (V. 13) . Auch die Art und Weise der Begründungen, die er anführt, unterstreicht die Wichtigkeit: Er verbindet das Thema mit dem Wesen der Beziehung zwischen Gott und seinem Sohn (V. 3), dann mit der Schöpfung (V. 7-12), und er appelliert schließlich an ihren erneuerten Sinn für das Richtige („Natur“, V.14.15).
Nach V. 16 ist das Thema nicht eine Sache der persönlichen Meinung, sondern eine Gemeindeangelegenheit. Es ist eben gerade nicht so, dass der Apostel sagt, jeder solle seiner Meinung gewiss sein und seiner „Erkenntnis“ entsprechend handeln. Nein, man war sich in der Sache einig, und sie war apostolisch angeordnet. Aber es hatte sich bei ihnen die Gewohnheit eingeschlichen, dass Frauen unbedeckt zu Gott beteten, eine Gewohnheit, die sich vor Gott nicht ziemt (V. 13). Die Apostel hatten eine solche Gewohnheit nicht, die Gemeinden Gottes sonst auch nicht (V. 16). Nur die Korinther wollten ausbrechen, ein Teil von ihnen jedenfalls. Denen gilt das Wort, das er in 14,36-38 anschließt: „Oder ist das Wort Gottes von euch ausgegangen? Oder ist es zu euch allein gelangt? 37 Meint jemand, ein Prophet oder Geistlicher zu sein, erkenne er die Dinge, die ich euch schreibe, dass sie Gebote des Herrn sind! 38 Ist jemand in Unkenntnis, sei er in Unkenntnis.” Was Sitte ist für alle Gemeinden, ist Autorität für die einzelnen. Aber warum wohl? Weil die allgemeinen Sitten Überlieferungen von Christus her sind: V. 1.2.23. Paulus ist nicht einer, der Neuerungen einführt, sondern als Apostel ein Glied in der Überlieferungskette zwischen Christus und der Gemeinde. (Vgl. a. 2Th 2,15.) Und er erwartet Gehorsam, Einhalten seiner Anordnungen, und nicht Streit in dieser Angelegenheit.
Nach V. 3 und V. 10 geht es um Autorität, eine Autorität, die Gott in der Schöpfungsordnung verankert hat. Die schöpfungsgemäße Autorität ist zurückgeführt auf die Herrschaft Gottes über seine Schöpfung zurück.
2. Der größere Zusammenhang im 1Korintherbrief
Im Gegensatz zu dem mit V. 17 beginnenden Abschnitt lobt der Apostel hier die Gemeinde in Korinth. Ehe er wieder zu unangenehmer Zurechtweisung kommen muss, greift er ein scheinbar nicht verwandtes Thema auf, bei dem er Anerkennung zum Ausdruck bringen darf. Grundsätzlich hielt sich die Gemeinde an das Evangelium, soweit man es begriffen hatte (V. 2). Was fehlte, war weitere Lehre und Orientierung. Diese gibt der Apostel. Was er sagt, ist zusätzliches Wort Gottes, er ergänzt also die bisherige Offenbarung der Heiligen Schrift. Wenn das Thema eine Abweichung vom Bisherigen zu sein scheint, so stellt sich bei näherer Betrachtung heraus, dass es eine durchaus gelungene Einfügung ist. Ganz ohne Zusammenhang mit dem Vorigen steht sie nicht da. Der Apostel zeigt, wie die Schöpfungsordnung und die Evangeliumsordnung organisch zusammengehören. Die menschlichen Beziehungen der Kinder Gottes (z. B. die Beziehungen in Ehe und Familie) sind im Himmel verankert. (Vgl. Eph 4,2-6.) 1Kr 11,2-16 liegt der Gedanke zugrunde, den Paulus an anderer Stelle ausgesprochen hat (z.B. in Eph 3), nämlich, dass der Gott des Evangeliums nicht ein anderer ist als der Gott der Schöpfung. Es geht also um etwas Grundsätzliches. Nachdem er dieses zu Anfang geklärt hat, kann er dann zu anderen Ordnungsthemen übergehen (11,17- K. 14). Wir betrachten die K. 11-14 als einen zusammenhängenden Teil des Briefes. Doch ist etwas Vorsicht geboten. Man darf nicht zu schnell sagen, Paulus regle hier das Verhalten in den Gemeindezusammenkünften. Sicherlich sprechen 1Kr 11,17ff und 1Kr 14,23-35 vornehmlich vom Zusammenkommen, die K. 12 u. 13 jedoch nicht. Die gehen über diesen Rahmen hinaus, räumlich wie zeitlich. Die Verse 2-16 von K. 11 scheinen grundsätzlicher Art zu sein, obwohl sie ohne Zweifel etwas für das Zusammenkommen der Gläubigen abwerfen. Es darf noch auf eine Formulierung hingewiesen werden, die für das Verständnis unseres Abschnittes nicht ohne Bedeutung sein könnte. Es geht um den griechischen Ausdruck: epi to auto („auf das selbe“). In 1Kr 11,20 und 14,23 dürfte er im örtlichen Sinne aufzufassen sein, ebenso in der Ag 1,15 und 2,1. Erinnert man sich daran, dass die Messiasgläubigen sich aus Liebe immer wieder gerne sahen, wo immer es sich ergeben konnte, so gewinnen die erwähnten Stellen an Bedeutung: Nachdem nach der Auferstehung ihres Herrn verschiedene seiner Jünger sich hier und da getroffen hatten, waren bei einer Gelegenheit zwischen Auffahrt und Pfingsten 120 ihrer Zahl zusammen „an“ einem und „demselben [Ort]“, als ein Vertreter für Judas bestimmt wurde. Am folgenden Pfingsttage war wieder eine Zahl von Jüngern zusammen „am selben [Ort]“, wie viele steht nicht geschrieben. Ist es Ironie, wenn Paulus an die Korinther schreibt (11,20): „Wenn ihr also [als Verstrittene] ‚am selben [Ort]’ zusammenkommt“? Man kann sich gut vorstellen, dass die Christen dieser Großstadt – aus verschiedenen Gründen – in Gruppen verschiedener Größe hier und dort sich getroffen hatten. Zur ordentlichen Feier des Herrnmahles fanden sie sich dann zusammen am selben Ort ein. In K. 14 kommt dieselbe Formulierung vor, doch mit einem auffallenden Zusatz (V. 23): „Wenn nun die ganzeGemeinde am selben [Ort] zusammenkäme“. Hier kann man wohl nicht anders als voraussetzen, dass Treffen in kleineren Gruppen zwischendurch stattfanden – ohne dass man von formalen „Hauskreisen“ oder „-gemeinden“ sprechen müsste. Wenn nun das obige Bild von den Begegnungen unter den korinthischen Christen ein richtiges ist, kann man den Unterschied zwischen dem, das in 11,2-16 besprochen wird, und dem in K. 14 ohne weiteres verstehen, denn es handelt sich dann um zwei verschiedene Arten von Zusammenkunft.
3. Leitlinien für die Auslegung
Auslegung ist eine Form von Übersetzung. Wer die Heilige Schrift in eine andere Sprache überträgt, darf nicht fragen: Wie hätte Paulus das heute gesagt? oder sogar: Was hätte er heute gesagt? – sondern er hat zu fragen: Was sagte Paulus? – und das hat er zu übersetzen. Das gr. Wort für „auslegen“ ist dasselbe Wort wie „übersetzen“; „Auslegen“ ist ein Übersetzen ins Verständnis, man darf nicht mehr sagen als was wirklich im Text steht. Alles, was diese Grenze überschreitet, ist Vermutung und Meinung, nicht Auslegung.
Evangelistische Anliegen sind der Schrift zu unterordnen. Wenn das Wort Gottes bleibende Gültigkeit und Zuständigkeit hat, erübrigen sich manche irrelevante Fragen, die man heute so gerne stellt, wie z.B.: „Spielen missionarische Aspekte eine Rolle in der Auslegung? Könnte man heute Menschen für die Christusbotschaft gewinnen, wenn alle Christenfrauen eine Kopfbedeckung trügen?“ Christen werden in der Heiligen Schrift nicht angehalten, ihre Gewohnheiten denen der Welt anzugleichen (Rm 12,1.2). Würden sie dieses tun, würden sie ihre Kraft als „Licht und Salz“ (Mt 5,13-16) verlieren. Gerade im Anderssein liegt ihre Stärke.
Kulturrücksichten scheinen für Paulus keine Rolle gespielt zu haben. Man kann nicht sagen, dass Paulus sich nach einer bestimmten vorhandenen gottesdienstlichen Sitte gerichtet hätte, weder der griechischen noch der römischen, nicht einmal der jüdischen. In Korinth waren alle vertreten. Die Römer beteten mit bedecktem Kopf an, die Griechen mit unbedeckten; jüdische Männer haben früher auch unbedeckten Hauptes angebetet. Das spätere Bedecken des Kopfes des Mannes in der Synagoge geht auf eine Sitte zurück, die erst in nachchristlicher Zeit eingeführt wurde. Nach StrackBillerbeck (Band III) herrschte zur Zeit des Neuen Testaments in der jüdischen Männerwelt völlige Willkür bzgl. des Bedeckens des Hauptes. In Palästina bedeutete das unbedeckte Haupt des Mannes Freiheit. Deshalb bedeckten gesetzestreue Juden ihr Haupt, um zu zeigen, dass die Herrschaft Gottes über ihnen sei. Eine einheitliche Praxis vermochte sich nicht herauszubilden. Regel für Männer war: Man bedeckte den Kopf mit dem Turban im Winter der Kälte wegen und man ließ ihn im Sommer unbedeckt der Hitze wegen. Es bestand für die Männer keinerlei Verpflichtung, bei religiösen und gottesdienstlichen Handlungen vor Gott bedeckten Hauptes zu erscheinen. Von einer Bedeckung des Kopfes beim Gebet weiß also die ältere Zeit nichts. Es scheint zu Anfang des 4. Jahrhunderts das Beten bedeckten Hauptes bereits in weiteren Kreisen feststehende Sitte gewesen zu sein. (S. 425). Frauen gingen zur Zeit des Neuen Testaments üblicherweise mit bedecktem Kopf aus. Die Halacha (d. s. die rechtlichen Auslegungen der Torah) verlangte von der jüdischen Frau, dass sie sich außerhalb des Hauses nur mit bedecktem Haupte zeigte. Alle Quellen schweigen, wie diese Bedeckung aussah. (S. 435ff). Paulus beruft sich nicht auf Gesellschaftsnormen der gerade aktuellen Umwelt. Im Blick auf den ganzen Abschnitt wollen die V. 2 u. 3 uns mitteilen: Was von der Schöpfung her gültig war, ist über den Heilsvermittler im Heilsvolk ebenfalls gültig. Wäre Paulus bis heute am Leben geblieben, hätte er keinen Anlass gefunden, seine Anordnungen in diesem Brief zu ändern, denn Gott selbst hat ihn darin geleitet. Gott findet heute keinen Anlass, seine eigenen Anordnungen zu ändern. Die Begründungen, die er in 1Kr 11 gab, sind zeit und kulturunabhängig. Gemeinde Jesu ist eine Konstante. Sie wandelt sich nicht mit dem „Wandel der Zeit“.
Der ganze Text darf ohne weiteres als Äußerung des Apostels Paulus angenommen werden. Wer behauptet, Paulus ginge von so genannten Zitaten im Text aus, geht willkürlich über die Heilige Schrift hinaus. Paulus zitiert nicht. Wenn Paulus zitiert, gib er es an (z. B. 15,12; Tit 1,12). Paulus hat das Gedankengut der Korinther im Brief sonst jeweils klar kenntlich gemacht und dann eine Widerlegung angefügt. (Z. B. 1,11.12: „denn es wurde mir von denen um Chloe in Bezug auf euch angezeigt, meine Brüder, dass Streitereien unter euch sind. Ich spreche [von] diesem: dass ein jeder von euch sagt: ‘Ich bin des Paulus’, ’Ich des Apollos’, ‘Ich des Kephas’, ‘Ich des Christus’.” Oder in 15,12: “ Aber wenn Christus verkündet wird, dass er von den Toten erweckt worden ist, wie sagen etliche unter euch: ‚Eine Auferstehung der Toten gibt es nicht?’“ Im 11. Kapitel lässt der Text in keiner Hinsicht erkennen, dass Paulus die Korinther zitieren sollte. Wäre 11,4.5 die Meinung der Korinther gewesen, so wäre es von höchster Wichtigkeit gewesen, dass Paulus dies eindeutig kenntlich machte.
4. Zu einzelnen Begriffen
4.1 Kopf und Haupt (V. 3.4.5.10)
Für beide gibt es im Griechischen ein und dasselbe Wort. „Kopf“ gebrauchen wir im Deutschen für den konkreten Sinn. „Haupt“ ist die ältere Bezeichnung für dasselbe, und wohl immer noch eine vornehmere, sowie für den übertragenen Sinn. Nach dem theologischen Wörterbuch Kittel Bd 3 benennt „Haupt“ bereits im alltäglichen Sprachgebrauch „das Hervorragende, Überlegene u. Bestimmende“ (S. 673). Zu 1Kr 11 heißt es dort: „… daß die Frau sowohl ihr ‚woher’ als ihr ‚um willen’ im Manne hat.“ d. h., sowohl ihren Ursprung wie auch ihre Zweckbestimmung. Es handelt sich „um eine Bestimmung ihres Seins“.
4.2 Bedeckung (V. 4.5.6.10.13.15)
Zweierlei Art fordert der Apostel: „etwas auf dem Kopf“ (V. 4-6.10; eine „Bedeckung“ V. 4.5.13) und „Umhängendes“ (V. 15E). Aus seinem Umgang mit diesen beiden Begriffen wird klar, dass er sowohl an eine stoffliche als auch an eine Haarbedeckung denkt. Dass diese zwei nicht dasselbe sind, zeigen im Besonderen die V. 5 u. 6. Nur vom Bedecken des Kopfes ist die Rede, nicht von einer Verschleierung bzw. Verhüllung des Gesichts. (Übrigens trugen auch jüdische Frauen normalerweise keinen Gesichtsschleier, und in Griechenland scheint es auch nicht Brauch gewesen zu sein.) Welche Bedeckung (V. 4.5.13) konkret gemeint ist, wird nicht gesagt. Es war den Korinthern wohl klar, womit man sich das Haupt bedeckte. Wohl mit etwas Stofflichem. Langes Haar als solches kann in den V. 4-6 nicht gemeint sein. Erstens hätte Paulus das dann gesagt. Und zweitens wären die V. 5.6 sinnlos: Würde man in V. 5.6 das lange Haar als die Bedeckung betrachten wollen, lässt man Paulus sagen: „Jede Frau, die kurz geschoren betet oder weissagt, beschämt ihr Haupt, denn es ist ein und dasselbe, wie wenn sie kurz geschoren (o. kahlgeschoren) wäre; denn, wenn eine Frau kurz geschoren ist, schere sie sich!“ Paulus kann nicht anordnen, dass sie sich scheren soll, wenn sie geschoren ist!
4.3 Mann und Frau
Wer ist der Mann, der seinen Kopf nicht bedecken soll, wer die Frau, die es wohl tun soll? – Sie sind Einzelpersonen: In V. 3, ganz zu Anfang des Textes, haben wir eine Identifizierung: „jeder Mann“. In V. 4 heißt es dann wieder: „jeder Mann“ und in V. 5: „jede Frau“. Es handelt sich also um einzelne Personen. – Sind nur verheiratete Männer und verheiratete Frauen gemeint? Im Paralleltext in K. 14, so könnte man sagen, sind mit „Frauen“ Ehefrauen gemeint („eure Frauen“). Aber es könnten mit „eure Frauen“ einfach die korinthischen Frauen an sich gemeint sein. Gewiss sollten in den Versammlungen nicht nur die verheirateten Frauen schweigen. Wenn in 1Kr 11 der Mann „Haupt der Frau“ ist (Eph 5), könnte man denken, dass es nur um Verheiratete geht. Aber Paulus sagt: Christus ist „Haupt“ eines jeden Mannes, also auch des unverheirateten. Es ist zu bedenken: Die Geschlechtlichkeit ist eine auf die Ehe angelegte und von ihr nicht zu trennende Sache. Als Gott geschlechtliche Menschen schuf, führte er sie zusammen als Eheleute. Zu diesem Stand hin waren sie geschlechtlich geschaffen worden, und es ist von diesem Stand her, dass alle Beziehungen der Geschlechter ihren Sinn bekommen. Als der Mensch geschaffen werden sollte, hatte Gott bereits die Ehe im Auge. Vorbereitend schuf er den Menschen geschlechtlich und führte die fertige Frau dem fertigen Manne zu. Es ist diese Ehe mit ihren Beziehungen, die das Miteinander von Jungen und Mädchen in der Familie und in der Gesellschaft prägt, einschließlich der Gemeinde, sodass die Männlichen zur Initiative heranwachsen und die Weiblichen sich in der Zurückhaltung und im Helfen üben. Das heißt: Was der Apostel den Eheleuten nahelegt, wird von allen anderen zur Kenntnis genommen, und man fügt sich in diese Bahn des Verhaltens. Hiermit dürfte sich der Einwand erübrigen, was der verheirateten Frau verboten sei (näml., unbedeckt zu beten), müsste der ledigen erlaubt sein. Töchter folgen in den Fußspuren der Mutter, und auch in dem Fall, dass sie nicht heiraten sollten, wird ihr Wesen, wenn das der Mütter biblisch war, ebenfalls von Zurückhaltung gekennzeichnet sein. Daher: Geziemt es sich, dass die unverheiratete Tochter unbedeckt zu Gott betet? Geziemt es sich, dass der unverheiratete Sohn bedeckt zu Gott betet? Sicher ist: Das Wort „Frau“ (gr.: günee) bezeichnet im AT und NT auch unverheiratete und verwitwete Frauen (z. B. Lk 22,57; Jh 4,21; 19,26; 20,13.15; Off 9,8; in der gr. Üsg: 1M 24,39; 38,20; Jos 2,4; 6,21; Ri 16,4.). Und 1M 31,35 klärt, ab wann ein Mädchen zu einer „Frau“ wird. Die Bibel unterscheidet Knaben von Männern, sodass man nicht behaupten kann, dass Paulus sage, der Junge sei Haupt seiner Mutter und seiner Großmutter. Nein, die Kinder unterstehen den Eltern, und das „Haupt“-Sein bezieht sich nicht auf Kinder. Dennoch lernen sie schon von Klein auf, wie man sich in Gottes Gegenwart zu benehmen hat. So gewöhnen sich Jungen und Mädchen schon früh an die Sitten. Das Hauptsein des Mannes über der Frau führt der inspirierte Apostel auf die Schöpfungsordnung zurück. Ebenso in 1Tm 2,11-15. Dass es dort um jede Frau geht, nicht nur um die verheiratete, ist klar. In Jesu Gemeinde können Frauen keinen Ältestendienst und kein leitendes Amt ausführen, auch ledige Frauen nicht. Das Kriterium ist nicht, ob sie persönlich verheiratet sind oder nicht. Gottes Schöpfungsordnung gilt für unverheiratete Frauen genauso.
4.4 Beten und Weissagen (V. 4.5.13)
Die zwei erwähnten Handlungen sind einander zugeordnet. Beten ist das Reden des Menschen zu Gott. Weissagen – nur ein anderes Wort für Prophezeien – ist Gottesoffenbarung, Gottes Reden zum Menschen. Das Beten, von dem der Apostel spricht, ist nicht das stille im inneren Menschen, sondern eine Aktion, die deutlich als „beten“ erkennbar ist. Z. B., Christen sind irgendwo zusammen und beginnen oder beschließen ihr Zusammensein mit einer Gebetsgemeinschaft. Oder man betet vor bzw. nach dem Essen. Das sind klar erkennbare Handlungen des Betens. Christen sollen immer beten. Aber Paulus hat nicht angeordnet, dass der Mann nie etwas auf dem Kopf haben darf und die Frau immer bedeckt sein soll. Außerdem wissen die Engel nicht, wann ein Christ innerlich betet und wann nicht. Sie können nicht ins Herz des Menschen schauen. Niemand weiß, was im Menschen ist als nur der Geist des Menschen, der in ihm ist (1Kr 2,11) – und Gott (1Kg 8,39).
4.5 Schneiden (V. 5.6.14.15)
An dieser Stelle verwendet Paulus zwei Wörter: a) „abschneiden“, das kommt auch noch in der Apg 8,32 und 18,18 vor; und b) „abrasieren“, gleich „kahlscheren“. Von einem „Anschneiden“ ist im Text nicht die Rede. Die Bibel unterscheidet „Frauenhaar“ (Off 9,8) von Männerhaar. Der Unterschied ist an der Haarlänge erkennbar. Für Männer ist es schändlich, sich das Haar lang wachsen zu lassen (1Kr 11,15). Wenn Absalom das Haar lang trug, war er darin kein Vorbild. Das Nasiräergelübde bedeutete auf alle Fälle Verzicht, bei Männern auch Verzicht auf die regelmäßige Haarschur. Auch die Kahlschur war ein Zeichen von Verzicht, wurde auch deshalb bei Klage angewandt (Jer 48,37.38). StrackBillerbeck (III) zu 11,14: Vgl. Hes 44,20. Dem hier für die Priesterschaft festgesetzten Haarschnitt (in der Mitte zwischen kahlgeschoren und langwallendem Haar) dürfte in Jesu Tagen im Großen und Ganzen die Haartracht der gesamten jüdischen Männerwelt entsprochen haben. Man trug also halblanges Haar. … Man ließ das Haar nicht über eine bestimmte Haarlänge hinaus wachsen. Es wurde geschnitten, sobald es anfing, wild und ungeordnet um den Kopf zu hängen.
Das Scheren lässt den Mann schön und schmuck erscheinen. Das Langwachsenlassen des Haares ist eine Verunstaltung. Das lange Haar des Nasirs war ein Zeichen seiner Weihe (4M 6,19). Das Zeichen und der Verzicht, den er damit auf sich nahm, bestand so lange, bis das Gelübde erfüllt war (4M 6,9.18.19; Apg 21,26). Die Bibel lehrt, dass Gott nicht will, dass Frauen kurzes Haar tragen. Es ist Ungehorsam und eine Schande für die Frau, sich das Haar zu scheren, noch schlimmer kahlgeschoren zu sein (1Kr 11,6). Gott will nicht, dass seine Kinder sich auf diese Weise schändlich machen. Außerdem würde dadurch ein weiterer Unterschied der Geschlechter wegfallen. Gott ist gegen Vermischung der Geschlechter; er will, dass man Mann und Frau äußerlich deutlich als männlich und weiblich erkennen kann – nicht nur an der Haartracht, auch an der Kleidung (5M 22,5).
4.6 Natur (V. 14)
Nicht die äußere Natur an sich, nicht die natürliche Erscheinung der Lebewesen ist gemeint (Löwen haben z. B. eine Mähne, Löwinnen nicht; Stuten wie Hengste schon). Es dürfte das innere, natürliche Empfinden gemeint sein: „Ist es schicklich?“ (Siehe den Gebrauch des Wortes in Rm 1,26; 2,14.27; 11,21.24; Gal 4,8.)
4.7 Vollmacht (Autorität) (V. 10)
Exoussia dürfte hier „Zeichen der Vollmacht“ bedeuten, ein Hinweis auf die Autorität des Mannes über die Frau an sich, vgl. V. 3A.5A. Wie das lange Haar des Nasirs ein „Zeichen“ seiner Weihe war (4M 6,19), so ist die Kopfbedeckung der Frau bei Beten und Weissagen ein „Zeichen“ der Autorität des Mannes, unter der die Frau – von Schöpfung wegen – steht. Das Wort „Zeichen“ muss man – ebenso wie in 4M 6,19 – ergänzen. Dort heißt es wörtlich: „Und der Priester nehme die gekochte Vorderkeule .. und einen ungesäuerten Kuchen … und lege sie auf die Hände des Nasirs, nachdemerseine Weihe (im Sinne v.: das Zeichen seiner Weihe) abgeschoren hat.“ Vgl. 2M 13,9: Und es sei dir ein Zeichen auf deiner Hand und eine Erinnerung (i. S. v.: ein Zeichen der Erinnerung) zwischen deinen Augen.“ Vgl. 5M 22,14-20: „ich habe die Jungfrauschaft (i. S. v.: die Zeichen derJungfrauschaft) nicht an ihr gefunden“.)
4.8 Engel / Boten (V. 10)
Das Wort aggelos (sprich: angelos) bedeutet grundsätzlich „Bote“. Sind hier himmlische Boten (Engel) oder menschliche gemeint? Das kann man nur vom Zusammenhang her erschließen. Gott ist eine Person, und er schuf zwei Arten von Personenwesen: Menschen und Engel. In V. 3 werden alle Personenwesen, die es gibt, erwähnt, mit Ausnahme der Engel. Engel sind aber sehr wichtige Wesen, nicht nur Diener der Heiligen (Heb 1,14), sondern auch Bewunderer bzw. Zeugen der Vorgänge in Gottes Schöpfung und Heilsgeschichte (Cherubim in Eden, Cheruben am Vorhang der Stiftshütte und über der Lade, Heb 9,5; Serafim vor Gottes Thron, Jes 6,2; Zeugen der Menschwerdung und Auferstehung/Himmelfahrt Christi usw.), und sie sind stets gegenwärtig vor Gottes Thron (Mt 18,10). Paulus hatte sie bereits zweimal im Brief erwähnt: 4,9: „ … wir wurden [vor] der Welt – [vor] Engeln und [vor] Menschen – ein Schauspiel.“ und 6,3: „Wisst ihr nicht, dass wir Engel richten werden?“. Engel begehren in die Dinge der Heilsgeschichte „hineinzuspähen“ (1P 1,12). Soll nicht ihnen an der Gemeinde „die mannigfaltige Weisheit Gottes kund werden“ (Eph 3,10)? Und waren es nicht Engel, die einmal ein „Problem“ hatten in Sachen „Unterordnung“ (2P 2,4; Jud 6)? Sollten sie vielleicht etwas zu sehen bekommen von der Wiederherstellung der Schöpfungsordnung Gottes in der Heilsgemeinde? Ob Paulus das meint, ist nicht sicher. Aber es scheint nicht unangebracht, dass die Engel im Zusammenhang mit dem Thema „HauptSein“ und Schöpfungsordnung erwähnt werden – und vor allem im Zusammenhang mit dem gemeinschaftlichen Treten vor Gottes Gegenwart! Schlatter: „Dabei erinnert Paulus die Gemeinde daran, dass sie beim Gebet nicht nur unter sich sind, so dass sie bloß auf das zu achten hätten, was ihnen gefällt. Der Zutritt zu Gott stellt sie vor den Blick der himmlischen Geister, und diese wachen über Gottes Ordnung und haben kein Wohlgefallen an dem, was seine Schöpfung zerstört. Es ist nicht gut zu beten, [so]dass sich der Blick der Engel mit Widerwillen vom Betenden wegwenden muss.“ Manche Ausleger wollen bei 1Kr 11,10 an menschliche „Boten“ denken. Nur: Welche kämen in Frage? Besucher? Apostel? Warum sagt Paulus es nicht? Inwiefern sollte ein Besuch von menschlichen „Boten“ Zweck der Bedeckung sein? Das Argument scheint wohl etwas weit hergeholt.
5. Zum Sitz im Leben
Anders als im zweiten Teil des K. u. in K. 14, wo er die Versammlung der Gemeinde ausdrücklich erwähnt, ist der Kreis des Geschehens in diesem Text nicht erwähnt. Wir werden zunächst davon auszugehen haben, dass Paulus etwas Grundsätzliches sagt, unabhängig von bestimmten Versammlungen. D. h., wir hätten hier den gesamten Bewegungskreis von Christen vor uns und in K. 14, wo das Verhalten der Geschlechter ebenfalls erwähnt wird, einen engeren Kreis innerhalb dieses größeren.
6. Gliederung, Text (mit Erläuterungen)
A: Einführendes
1. Ein allgemeines Lob V. 2 „Ich lobe euch, Brüder, dass ihr in allem meiner gedenkt [euch nach meiner Botschaft richtet], und die Überlieferungen haltet ihr fest, so, wie ich sie euch [vom Herrn Jesus] überlieferte.“ 2. Eine dreifache Rangordnung V. 3 „Ich will aber, dass ihr wisst, dass der Christus das Haupt eines jeden Mannes ist, das Haupt einer Frau der Mann, Christi Haupt Gott.“ „Christi Haupt ist Gott“: eine heilsgeschichtliche Aussage, nicht eine wesenhafte. D. h.: Nicht im Wesen ist Christus niedriger als Gott. Zwecks Herbeiführung des Heils wird er Mensch und Sohn, und Gott wird ihm Vater und Haupt.
B: Vom Bedecken des Kopfes vor Gott V. 4.5A
1. Das Bedecken beim Mann V. 4 „Jeder Mann, der beim Beten oder beim Weissagen, [dem Weitergeben dessen, das Gott ihm aufgezeigt bzw. aufs Herz gelegt hat] [etwas] auf dem Kopf hat, beschämt, sein Haupt …“ – Welches „Haupt“? Dass der eigene Kopf gemeint sei, liegt nahe und wird auch von Lesern angenommen. Warum dann aber die einleitenden Worte? Die sollen für das Folgende anwendende Bedeutung haben. Es ist wohl beides gemeint: sein eigenes Haupt – und Christus. 2. Das Bedecken und Nichtbedecken bei der Frau V. 5A „… aber jede Frau, die mit unbedecktem Kopf betet oder weissagt, beschämt ihr Haupt, [das eigene und das des Mannes, den Gott per Schöpfungsordnung ihr vorgesetzt hat] …“ Schlatter: „Paulus redet nicht von der Tracht überhaupt, nicht davon, wie sich die Frau zu Hause oder in der Versammlung der Gemeinde kleiden soll. Von der Mode ist hier nicht die Rede, sondern einzig davon, wie die Frau sich dann benehme, wenn sie sich betend vor Gott stellt oder wenn sie in seinem Namen als Prophetin spricht.“
C: Begründungen V. 5M10
1. Grund: der Vergleich mit einem geschorenen Kopf V. 5M6E „… denn es ist [was die Schande betrifft,] ein und dasselbe, wie wenn sie [mit dem Rasiermesser] kahlgeschoren ist; 6 denn wenn eine Frau nicht [beim Beten oder Weissagen] bedeckt ist, lasse sie sich auch scheren [d. i. mehr als das Haar nur anschneiden]. Wenn es aber für eine Frau schändlich ist, sich zu scheren oder kahlgeschoren zu werden, bedecke sie sich …“ Schlatter: „Sie will sich [be]tragen wie der Mann; aber sie tut es nicht ganz und will dies auch nicht ernsthaft. Bloß das Kopftuch legt sie ab. Wenn sie ihren Kopf so tragen will, wie der Mann ihn trägt, so soll sie ihr Haar nach der Sitte der Männer kurz beschneiden oder ganz abscheren. Das will jedoch die Frau nicht, sondern sie will ihr langes Frauenhaar behalten. Dann behalte sie auch das Kopftuch und mache sich nicht den Männern gleich.“ 2. Grund: die Herrlichkeit jedes Geschlechtes V. 7 „… denn der Mann soll sich [bei den betreffenden Handlungen] nicht den Kopf bedecken, da er [als Haupt] Gottes Ebenbild und Herrlichkeit ist, [sein Abglanz]; aber die Frau ist des Mannes Herrlichkeit [Abglanz] …“ 3. Grund: der Ursprung jedes Geschlechtes V. 8-10A V. 8.9: „… denn der Mann ist [in der Schöpfung] nicht von der Frau, sondern die Frau vom Manne, 9 denn der Mann wurde auch nicht wegen der Frau geschaffen, sondern die Frau wegen des Mannes.“ Schlatter: Deshalb „steht ihr das Kopftuch zu als Zeichen ihrer Unterordnung unter ihn.“ V. 10A: „Deswegen soll die Frau Vollmacht [hier i. S. v.: Zeichen der Vollmacht/Autorität] auf dem Kopf haben …“ „Ich will aber, dass ihr wisst, dass der Christus das Haupt eines jeden Mannes ist, das Haupt einer Frau der Mann … aber jede Frau, die unbedeckten Hauptes betet oder weissagt, beschämt ihr Haupt [ihr eigenes und den Mann, der ihr ja per Schöpfungsordnung vorgesetzt ist] …“ Sie stellt durch das Zeichen dar, dass sie dem Willen Gottes gehorcht und das zu sein begehrt, wozu sie Gottes Schöpferordnung macht. (Vgl. Schlatter.) 4. Grund (und eigentlicher Zweck) für die Bedeckung bzw. das Nichtbedecktsein: die Engel V. 10E „… wegen der [himmlischen] Boten.“
D: Einschub: Ein Hinweis auf das Gemeinsame der Geschlechter V. 11.12
„Im Herrn ist jedoch weder die Frau ohne den Mann, noch der Mann ohne die Frau, 12 denn ebenso wie die Frau vom Manne ist, so ist auch der Mann durch die Frau; aber alles von Gott.“
E: Aufforderung, selbst zu urteilen V. 13-15
„Urteilt in euch selbst: Geziemt es sich, dass eine Frau unbedeckt [ohne stoffliche Bedeckung auf dem Kopf] zu Gott betet? 14 Oder lehrt euch nicht die Natur [des Geschaffenen, näml. des Menschen; hier: das innere Wesen] selbst, dass, wenn ein Mann langes Haar trägt [offenbar so lang wie das der Frau], es eine Unehre für ihn ist? – 15 wenn eine Frau langes Haar trägt, es eine Herrlichkeit für sie ist? – weil das lange Haar ihr als Bekleidung [nicht: „statt einer Bedeckung“] [von Gott] gegeben ist.“ Schlatter: „Paulus … erwartet, dass es sich … schon aus dem natürlichen Gefühl für sie ergebe, dass die Frau ihren Kopf bedecken soll anders als der Mann. Es ist unnatürlich, wenn zwischen einem Frauenkopf und einem Männerkopf kein Unterschied bestehen soll. Schon die Natur macht dies deutlich; denn sie gibt der Frau das lange Haar.“ MacArthur: „Im Sinne von elementarem menschlichem Urteilsvermögen, d. h., in dem intuitiven Gefühl, was normal und richtig ist. Das männliche Hormon Testosteron beschleunigt den Haarausfall bei Männern. Östrogen bewirkt, dass das Haar der Frau länger wächst. Frauen bekommen auch im hohen Alter selten eine Glatze. In den meisten Kulturen spiegeln sich diese Körpermerkmale in der Sitte wieder, dass die Frauen längeres Haar tragen. Gott hat ihr das Haar als einen Schleier gegeben, der Zartheit, Sanftheit und Schönheit ausdrückt.“
F: Schlusswort V. 16
„Wenn aber jemand meint, rechthaberisch zu sein: Wir haben eine solche Gewohnheit nicht, [nämlich, dass Frauen unbedeckt zu Gott beten, V. 13] die [anderen] Gemeinden Gottes auch nicht.“ Paulus spricht keineswegs von der Gewohnheit, die er soeben verboten hat! Auch nicht vom Zank oder der Rechthaberei. Die Gewohnheit, die er, seine Mitarbeiter und die anderen Gemeinden nicht haben, ist das Nichteinhalten des eben Ausgeführten, nachdem man belehrt wurde. In dem Fall ist die Sitte, die er hier fordert, aber auch etwas Bleibendes, und zwar in „allen Gemeinden“, auch in Gegenden ohne Juden. Wenn die Kopfbedeckung der Frau bei der Anbetung sowie beim Zeugnis für den Herrn zur Sitte wurde, ist es verständlich, dass sie es auch in den Gemeindezusammenkünften wurde, wo diese Handlungen im Mittelpunkt stehen, auch wenn sie selbst nicht im aktiven Sinne daran teilnehmen durfte (1Kr 14,34).
7. Schlussbemerkungen
In seinen Vorbemerkungen zu 1Tm 2,8-15 beschreibt Prof. J. T. Beck die Zeit, in die der Apostel Paulus dieses Wort an seinen jungen Nachfolger hineinlegt. Fast hätte er unsere heutige Zeit geschildert. Die kurzsichtige Gemeinde von heute verschönert ihren Abfall als Toleranz gegenüber Veränderung. Im Gegensatz dazu zeigt Beck, wie die Lebensweise des Evangeliums, die Paulus in seinen Briefen mit einer Unzweideutigkeit fordert, Neubekehrten in der damaligen Kultur eine neue Zukunft eröffnet. Becks Worte wollen mit einem aufmerksamen Sinn gelesen werden. Nicht nur wegen ihres Themas sind sie hier am Platz, sondern auch weil er ausdrücklich auf 1Kr 11 Bezug nimmt. „Von den Objekten des Gebets (V. 1ff) wendet sich nun der Apostel (V. 8-15) zu den betenden Subjekten [HJ: von den Gebetsanliegen zu den Betern], wobei er namentlich das Verhältnis der beiden Geschlechter in gottesdienstlicher Beziehung würdigt. Im Heidentum – und auch im damaligen Judentum – war das Geschlechtsverhältnis gerade vielfach zerrüttet. Es galt nun, dasselbe dem neuen Geist entsprechend zu ordnen; und indem dies hier dem Zusammenhang gemäß an die gottesdienstlichen Beziehungen anknüpft, sollte von diesen aus als der Pflanzschule des christlichen Lebens auch die häusliche Stellung von Mann und Frau in den richtigen Gesichtspunkt gebracht werden. Daher greifen dann auch, namentlich von V. 12 an (Vgl. V. 13.), die Bestimmungen in das häusliche Leben hinein. Solche Ordnungen galt es besonders in üppigen Handelsstrichen [zu erwähnen], wozu die kleinasiatischen und griechischen Küstenländer gehörten. (Vgl. 1Kr 11.) Da herrschte ein lockeres und laxes Verhältnis zwischen männlichem und weiblichem Geschlecht, was auch in gottesdienstlichen Missbräuchen zum Teil grell zutage kam und so auch noch in gottesdienstlichen Versammlungen der Christen nachwirken musste. (Vgl. abermals 1Kr 11.) Die geistige Würde insbesondere, in welcher das weibliche Geschlecht mit dem männlichen auf einmal durch das Christentum sich gleichgestellt fand, konnte von dem ersteren leicht missbraucht werden zu einem die Naturgesetze der Weiblichkeit vergessenden Benehmen. Und jederzeit macht sich beim weiblichen Geschlecht ein neu erwachtes Gefühl der eigenen Bedeutsamkeit am liebsten eben durch das geltend, worauf V. 9-15 reflektiert, teils durch putzsüchtiges und redseliges Hervordrängen im öffentlichen Leben, teils im häuslichen Leben durch eine Selbständigkeitssucht, womit sich die Frau über das natürliche Verhältnis zu Mann und Kindern hinwegsetzen will. Beides aber ist eine dem Ordnungsgeist des Christentums zuwider laufende Unordnung. Nach diesen Seiten hin regelt dann der Apostel das Geschlechterverhältnis.“
[Deutsch etwas angepasst TJ.]